Was sind Incoterms? Internationale Lieferbedingungen in der Praxis
Verkaufst du Waren ins Ausland? Oder importierst du vielleicht aus China, Indien, den Vereinigten Staaten, Kanada oder einem anderen Land der Welt? Wusstest du, dass du in einem solchen Fall von Incoterms – den „International Commercial Terms“ – profitieren kannst? Frei übersetzt sind das internationale Handelsformeln, die nicht nur den Ablauf regeln, sondern auch die Interessen von Verkäufer und Käufer absichern.
Die Incoterms wurden eingeführt, um Fragen zu Transportkosten, Versicherungen, Zöllen und zur Verantwortungsübergabe vom Verkäufer auf den Käufer während des Transports zu klären.
Kurz gesagt: Es handelt sich um internationale Regeln, die genau festlegen, wer im internationalen Handel für was verantwortlich ist – und das auf jedem Abschnitt des Transportweges.
In diesem Artikel erklären wir, was Incoterms sind, wie sie in der Praxis funktionieren und warum es sinnvoll ist, sie gut zu verstehen – insbesondere, wenn du ein Unternehmen führst und Kontrolle über Lieferketten, Kosten und vor allem über Risiken behalten möchtest.
Incoterms 2020 – was ist das?
Die Incoterms sind ein Satz von Handelsregeln, die erstmals 1936 von der Internationalen Handelskammer (ICC) veröffentlicht wurden. Seitdem wurden sie mehrfach aktualisiert, um mit der sich wandelnden Welt des internationalen Handels Schritt zu halten.
Die aktuell gĂĽltige Version ist Incoterms 2020, die am 1. Januar 2020 in Kraft trat.
Wie funktionieren die Incoterms?
Worum geht es bei diesen Regeln? Ganz einfach gesagt – sie legen genau fest, wer wann die Kosten und das Risiko während des Transports von Waren trägt. Das betrifft unter anderem:
- Organisation des Transports,
- Ausfuhr- und Einfuhrzollabfertigung,
- Kostenaufteilung – einschließlich Transport, Versicherung und Zölle,
- Verantwortung bei Verlust oder Beschädigung der Ware.
Die Incoterms sind freiwillig, was bedeutet, dass ihre Anwendung in einem Handelsvertrag von beiden Parteien – dem Exporteur und dem Importeur – vereinbart werden muss. Die Regeln gelten nicht für Spediteure, Transportunternehmen oder Vermittler, sondern ausschließlich für die Vertragsparteien.
In der aktuellen Version stehen 11 standardisierte Klauseln zur Verfügung, die je nach Transportart unterteilt sind – einige gelten nur für den See- und Binnenschiffsverkehr, andere sind für jede Transportform einsetzbar.
Jede Incoterms-Klausel erfordert die Benennung eines bestimmten Ortes – zum Beispiel eines Hafens, Lagers oder Terminals. Dieser Ort bestimmt den Zeitpunkt, an dem das Risiko und die Pflichten zwischen den Parteien übergehen, also die Verantwortung für die Ware. Interessant ist, dass die Incoterms auch den Zeitpunkt der Eigentumsübertragung definieren können – was besonders für Buchhaltung und Versicherungen wichtig ist.
Die Incoterms klären also Punkt für Punkt alle entscheidenden Aspekte, die im internationalen Handel potenziell zu Missverständnissen führen könnten. Deshalb lohnt es sich, sie gut zu kennen und bewusst einzusetzen.
Arten der Incoterms
Die Incoterms 2020-Regeln lassen sich in zwei Hauptgruppen unterteilen: jene, die fĂĽr alle Transportarten gelten, sowie jene, die ausschlieĂźlich fĂĽr den See- und Binnenschiffstransport vorgesehen sind.
Insgesamt gibt es 11 klar definierte Klauseln, von denen jede festlegt, wer die Kosten und die Verantwortung für den Transport trägt und wann das Risiko vom Verkäufer auf den Käufer übergeht.
Nachfolgend findest du kurze Beschreibungen jeder Regel – einfach formuliert und praxisnah erklärt.
EXW – Ex Works (Abholung direkt beim Verkäufer)
Die minimalistischste aller Incoterms-Klauseln.
Der Verkäufer stellt die Ware in seinen Räumlichkeiten, z. B. im Lager oder in der Fabrik, bereit. Alles Weitere – Transport, Zoll, Abfertigung, Risiko – liegt vollständig beim Käufer. Ideal für Verkäufer, die möglichst wenig Aufwand haben möchten.
FCA – Free Carrier (Lieferung an den Frachtführer)
Der Verkäufer liefert die Ware an einen vereinbarten Ort und übergibt sie dem vom Käufer beauftragten Frachtführer – das kann ein Lager, Terminal oder Flughafen sein. Es hängt von den Absprachen zwischen den Parteien ab.
Ab dem Zeitpunkt der Übergabe an den ersten Frachtführer und dessen Beladung trägt der Käufer das volle Risiko.
In der 2020er-Version wurde ergänzt, dass ein „On Board“-Konnossement vereinbart werden kann, selbst bei dieser Klausel.
FAS – Free Alongside Ship (Lieferung längsseits des Schiffs)
Die FAS-Klausel gilt ausschließlich für den See- und Binnenschiffstransport. Der Verkäufer liefert die Ware zum Kai, neben das vom Käufer bestimmte Schiff. Ab diesem Moment trägt der Käufer die Verantwortung und organisiert den Weitertransport.
Der Verkäufer ist verpflichtet, die Ausfuhrzollabfertigung vorzunehmen, bevor die Ware im Hafen ankommt.
In der Praxis bedeutet das: Der Verkäufer liefert die verzollte Ware bis zum Schiff – ab dort liegt alles Weitere beim Importeur.
FOB – Free on Board (Verladung auf das Schiff)
Auch FOB gilt nur für den See- und Binnenschiffstransport. Der Verkäufer bringt die Ware nicht nur in den Hafen, sondern lädt sie auch auf das Schiff. Sobald die Ware die Schiffsreling überschreitet, geht die Verantwortung auf den Käufer über.
Das Schiff muss vom Käufer benannt werden. Erst mit der Verladung auf das Schiff geht das Risiko vom Verkäufer auf den Käufer über. Bis dahin trägt der Verkäufer auch die Ausfuhrzollabfertigung.
CFR – Cost and Freight (Kosten und Fracht vom Verkäufer getragen)
Bei CFR trägt der Verkäufer die Kosten für den Transport bis zum Bestimmungshafen und schließt den Beförderungsvertrag ab. Das Risiko geht jedoch bereits mit der Verladung der Ware auf das Schiff im Ausgangshafen auf den Käufer über – selbst wenn sich die Ware noch auf dem Transportweg befindet.
Kurz gesagt: Der Verkäufer bezahlt die Fracht, aber das Risiko geht bereits beim Verladen über. Die Versicherung? Sache des Käufers.
CIF – Cost, Insurance and Freight (Kosten, Versicherung und Fracht vom Verkäufer getragen)
CIF funktioniert wie CFR, aber mit dem Unterschied, dass der Verkäufer auch die Transportversicherung bis zum Bestimmungshafen bezahlt. Das Risiko geht zwar beim Verladen auf den Käufer über, aber er muss sich nicht selbst um die Versicherung kümmern.
CPT – Carriage Paid To (Fracht bezahlt bis zum vereinbarten Ort)
Bei CPT zahlt der Verkäufer die Transportkosten bis zum vereinbarten Zielort. Das Risiko geht jedoch früher über – nämlich bei der Übergabe an den ersten Frachtführer.
Deshalb ist es wichtig, den genauen Übergabezeitpunkt zu kennen – denn Kosten und Risiko liegen nicht immer am selben Punkt.
CIP – Carriage and Insurance Paid To (Fracht und Versicherung bezahlt bis zum vereinbarten Ort)
CIP ist die erweiterte Variante von CPT – auch hier organisiert und bezahlt der Verkäufer den Transport, übernimmt aber zusätzlich die Pflicht zur Versicherung der Ware.
Das Risiko geht mit der Übergabe an den Frachtführer auf den Käufer über, doch die Versicherung durch den Verkäufer bleibt bis zum Bestimmungsort bestehen.
DPU – Delivered at Place Unloaded (geliefert und entladen)
Der Verkäufer trägt die Verantwortung für den gesamten Transport – inklusive Entladung – bis zum vom Käufer bestimmten Ort.
Dies ist die einzige Klausel, bei der der Verkäufer auch für das Entladen der Ware verantwortlich ist. Der Käufer übernimmt die Ware vor Ort, bereit zur Weiterverwendung.
DAP – Delivered at Place (geliefert, ohne Entladung)
Bei DAP gilt die Lieferung als abgeschlossen, sobald die Ware am vereinbarten Zielort eintrifft – das Entladen gehört jedoch nicht dazu.
Der Verkäufer trägt die Verantwortung bis zum Eintreffen der Ware, der Käufer kümmert sich um Entladung und ggf. Einfuhrabfertigung.
DDP – Delivered Duty Paid (geliefert, verzollt)
DDP ist die umfassendste Klausel: Der Verkäufer übernimmt sämtliche Kosten und Risiken bis zur Lieferung an den Käufer – inklusive Ausfuhrabfertigung, Transport, Einfuhrzölle und Steuern.
Der Käufer muss sich um nichts kümmern – er erhält die Ware fix und fertig am Zielort.
Aktualisierung der Incoterms im Jahr 2020
Die Incoterms 2020 sind bereits die achte Version der Regeln seit ihrer ersten Einführung durch die Internationale Handelskammer (ICC) im Jahr 1936. Diese überarbeitete Fassung ist seit dem 1. Januar 2020 in Kraft und kann – wie auch die Incoterms 2010 – sowohl im internationalen als auch im nationalen Handel angewendet werden.
In der neuen Version wurde die Einteilung der Regeln in zwei Kategorien beibehalten:
- fĂĽr alle Transportarten,
- fĂĽr den See- und Binnenschiffstransport.
Zu den wichtigsten Änderungen gehören:
- Umbenennung der Regel DAT in DPU – der neue Name „Delivered at Place Unloaded“ verdeutlicht besser, dass der Lieferort kein Terminal sein muss.
- Anpassung der FCA-Klausel – es wurde ermöglicht, dass der Käufer den Frachtführer mit der Ausstellung eines „on board“-Konnossements beauftragen kann, was die Dokumentenabwicklung (z. B. bei Akkreditiven) erleichtert.
- Mehr Transparenz – die Pflichten der Vertragsparteien wurden klarer definiert, was die Anwendung und Auslegung der Regeln erheblich vereinfacht.
Die zentrale Idee? Das Leben von Exporteuren und Importeuren zu erleichtern – besonders in einem globalisierten Handelsumfeld, in dem jede Unklarheit Zeit, Geld und Nerven kosten kann.
Zusammenfassung
Die Incoterms-Regeln wurden entwickelt, um die Bedingungen des internationalen Handels zu vereinheitlichen und klar zu strukturieren – insbesondere in Bezug auf den Warenverkehr. Ihr Hauptzweck ist es, eindeutig zu regeln, welche Partei – Verkäufer oder Käufer – welche Kosten (Transport, Zölle, Versicherung) trägt und ab wann die Verantwortung für die Ware übergeht.
Wichtig ist: Die Anwendung der Incoterms ist freiwillig – es handelt sich um eine Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien, die in den Kaufvertrag aufgenommen werden kann. Die Regeln gelten ausschließlich zwischen Verkäufer und Käufer, d. h. Spediteure oder Transportunternehmen sind keine direkten Vertragsparteien.
Incoterms regeln somit alle relevanten Aspekte der Warenlieferung – vom Zeitpunkt der Vorbereitung durch den Verkäufer über die Ausfuhrabfertigung bis hin zum Transport, einer eventuellen Versicherung und der Lieferung an den Käufer.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Incoterms gelten fĂĽr den See- und Binnenschiffstransport?
Vier Incoterms 2020-Klauseln gelten ausschlieĂźlich fĂĽr den See- und Binnenschiffstransport:
- FAS (Free Alongside Ship) – Lieferung der Ware längsseits des Schiffs im Verladehafen.
- FOB (Free On Board) – Verladung der Ware an Bord des Schiffs.
- CFR (Cost and Freight) – Transportkosten bis zum Bestimmungshafen werden vom Verkäufer übernommen.
- CIF (Cost, Insurance and Freight) – wie CFR, jedoch zusätzlich mit Versicherung auf Kosten des Verkäufers.
Diese Klauseln werden typischerweise bei Massengütern und nicht containerisierter Ladung verwendet, die auf dem See- oder Binnenwasserweg transportiert werden – zum Beispiel per Binnenschiff.
Die übrigen sieben Incoterms-Klauseln können bei jeder Transportart, einschließlich multimodaler Transporte, angewendet werden.
Was ist der Unterschied zwischen DDP und DAP?
Der Hauptunterschied zwischen DDP (Delivered Duty Paid) und DAP (Delivered at Place) liegt darin, wer fĂĽr die Zahlung von Zoll und Steuern verantwortlich ist.
Bei DDP übernimmt der Verkäufer sämtliche Zollformalitäten, einschließlich der Zahlung aller Einfuhrabgaben. Bei DAP liefert der Verkäufer die Ware an den Bestimmungsort, aber der Käufer muss sich um die Zollabfertigung kümmern und alle damit verbundenen Gebühren tragen.
Was ist der Unterschied zwischen EXW und FCA?
EXW (Ex Works) ist die Klausel mit den geringsten Pflichten für den Verkäufer – seine Verantwortung endet, sobald er die Ware an seinem Standort (z. B. im Lager) zur Verfügung stellt. Ab diesem Punkt trägt der Käufer alle Risiken, Kosten und die Organisation des Transports.
FCA (Free Carrier) erfordert ein höheres Engagement des Verkäufers – er übergibt die Ware an einen vom Käufer benannten Frachtführer an einem vereinbarten Ort und kann auch bei Exportformalitäten unterstützen. FCA ist daher in der Praxis eine flexiblere und oft besser einsetzbare Regelung.
Was ist der Unterschied zwischen CIF und CFR?
Beide Klauseln gelten fĂĽr den Seetransport, unterscheiden sich jedoch in einem entscheidenden Punkt: der Versicherung.
Bei CFR (Cost and Freight) bezahlt der Verkäufer den Transport bis zum Bestimmungshafen, der Käufer ist jedoch für die Versicherung der Ware verantwortlich.
Bei CIF (Cost, Insurance and Freight) übernimmt der Verkäufer zusätzlich die Versicherungskosten, obwohl – wie bei CFR – das Risiko bereits mit dem Verladen der Ware auf das Schiff auf den Käufer übergeht.